Die Honigbiene

Die Honigbiene ist AUSGESTORBEN

Eine steile These, die nicht ganz richtig ist. Natürlich gibt es allein in Niedersachsen rund 60.000 Bienenvölker. Doch diese werden von Imkern betreut und sind nur deshalb dauerhaft überlebensfähig, weil man sich intensiv um sie kümmert. Sie werden gezielt gegen Krankheiten behandelt, umgestellt, wenn das Angebot an Nektar und Pollen schwindet und künstlich vermehrt. Ob dies seine Berechtigung hat, möchte ich an dieser Stelle nicht diskutieren. Fakt ist, es gibt Honigbienen und trotzdem gilt die wildlebende Honigbiene als ausgestorben. In Südniedersachsen gab es 2020 erste Auswilderungsversuche, ob diese zielführend sind, wird sich zeigen.

Unsere Geschichte mit der Biene

Um die Zusammenhänge besser finde ich es wichtig, sich mit der gemeinsamen Geschichte von Mensch und Honigbiene über die letzten ca. 15.000 Jahre anzuschauen. Und interessanterweise hat sich die Imkerei nicht überall verändert.

12.000 v. Chr. - Honigjäger auf Wanderschaft

Bild von Ambir Tolang auf PIXABAY
Bild von Ambir Tolang auf PIXABAY

Vor der Sesshaftwerdung des Menschen bestimmte vor allem das Nahrungsangebot der Natur den Wohnort unserer Vorfahren. Lange Zeit unbekannt war auch die Honigbiene mit ihrem Honig Teil eben jenes Nahrungsangebotes. Neben dem energiereichen Zucker war vermutlich auch die eiweißreiche Brut eine beliebte Nahrungsquelle, für die man den ein oder anderen Stich, der deutlich aggressiveren Honigbienen, riskierte. Höhlenmalereien und weitere archäologische Funde lassen darauf schließen, dass die Jäger und Sammler bewusst die Nähe der Insekten gesucht haben.

Noch heute wird in vielen Gegenden der Welt der Honig vergleichbar geerntet. Die Honigjäger klettern Steilwände oder Bäume empor. Mit Rauch werden die Bienen beruhigt, bevor einzelne Waben abgeschlagen oder geschnitten werden. Der Honig wird frisch mit Wabe und Brut gegessen.

7.000 v. Chr. - Die Honigbiene als Nutztier

Einzelne Funde deuten zwar darauf hin, dass der Menschen bereits deutlich früher die Honigbiene als Nutztier gehalten hat, aber handfeste Beweise sind aus dem anatolischen Raum erst um 7.000 v. Chr. belegt. Vorerst in Tongefäßen, als Hohlraum, sind Honigbienen vermutlich auch Treibstoff für die Hochkultur des "Alten" Ägyptens. Jedenfalls gilt eine Wanderimkerei entlang des Nils als belegt. Hierfür sprechen sowohl Funde aus Grabkammern, als auch vielerlei Wandmalereien. 

 

Ob auf europäischem Boden zur damaligen Zeit bereits ähnliche "Nutzung" der Honigbiene erfolgt ist, bleibt derzeit ein Rätsel. Einige Funde von Klotzbeuten könnten dies belegen. Klotzbeuten sind hohle Baumstämme, beispielsweise alte Spechthöhlen, in die Bienenvölker eingezogen sind. Funde solcher Stämme auf versunkenen Flößen könnte nahelegen, dass Menschen diese gezielt in Dorfnähe verbracht haben. Aufgrund mangelnder Sachlage bleibt dies aber Spekulation.

Medizin in der Antike

Dass sich der Mensch bereits in der Antike mit der Honigbiene und deren Produkten auseinandergesetzt hat, steht außer Frage. Nicht nur in der Götterwelt, als Vogel der Muße, sondern auch in der Medizin taucht die Honigbiene immer wieder auf. So ist beispielsweise Propolis als medizinische Wunderwaffe bereits von Aulus Cornelius Celsus, dem römischen Medizinschriftsteller, gelobt worden. Und auch erste Zuchtberichte aus dem Jahr 116 v. Chr. haben die Jahrtausende überdauert.

Imkerei in Deutschland

Bild von Elsemargriet auf PIXABAY
Bild von Elsemargriet auf PIXABAY

Das erste Schriftstück, dass den Umgang mit den Bienen festhält, lässt sich auf das Jahr 748 datieren. Demnach sind Mitglieder der Zeidler berechtigt Waffen zu führen, um ihre Schutzbefohlenen, die Honigbienen, vor Feinde zu verteidigen. Der größte Feind der Honigbiene war der Bär, der sowohl Interesse an Zucker, als auch an den eiweißreichen Larven hatte. Noch heute prägt deshalb eine Armbrust das Logo vieler Imkereien, angelehnt an das Wappen der Zeidler-Zunft. Es lässt sich also darauf schließen, dass die Bienenvölker fast ausschließlich wildlebend in Wäldern zu finden waren. Insbesondere die Kirche setzte sich für den Schutz dieser Bienen ein, denn neben Honig war das Wachs für Kerzen (als einzige Lichtquelle) schützenswert. Vermutlich war es auch die Kirche, bzw. Mönche, die Bienenvölker samt Baum in die Klosteranlagen bringen ließen. Klotzbeuten nennt man diese Baumstücke mit Hohlraum. Vermutlich entwickelten auch Mönche erste Strohkörbe (Stülper) als künstliche Unterbringung der Bienen. Diese setzten sich schließlich durch und werden auch heute noch eingesetzt. Hierbei ist die Hauptaufgabe nun nicht mehr die Verteidigung des Stockes, sondern das Einfangen und Pflegen von Bienenschwärmen. Der Beruf des Imkers war geboren, erkennbar durch den Strohkorb im Zunftwappen. Interessanterweise hatte sich trotzdem die Honigernte im Vergleich zu den Honigjägern kaum verändert. Noch immer wurden ganze Waben geerntet und Bienen aus ihrer Behausung mit Rauch vertrieben.

Moderne Imkerei in Deutschland

Bild von Michael Strobel auf PIXABAY
Bild von Michael Strobel auf PIXABAY

Große Veränderungen in der Imkerei erfolgten erst im 19. Jahrhundert. Nach eingängigen Beobachtungen der Lebensweise der Bienen, wurde 1853 von Baron August Freiherr von Berlepsch das Holzrähmchen erfunden. 1856 führte Johannes Mehring die Mittelwand ein und 1865 kam dann die erste Honigschleuder auf den Markt. Der erfolgreichen und bienenschonenden Imkerei mit Magazinbeuten stand nun nichts mehr im Weg. Als Magazinbeuten bezeichnet man einen Bienenstock aus Holzzargen, die übereinander gestapelt werden können.

In Deutschland entwickelten sich regional viele verschiedene Rähmchenmaße, weshalb es heute fast 70 verschiedene Systeme gibt, mit weitaus mehr unterschiedlichen Betriebsweisen. Trotzdem setzte sich diese Form der Imkerei flächendeckend durch. Nur in den Heideregionen ist die Korbimkerei geblieben.

Varroa und ihre Folgen

In den 1970er Jahren wurden Völker der europäischen Honigbiene (Apis melliferra) für ein Forschungsprojekt nach Asien verschickt. Die asiatische Biene hat deutlich kleinere Völker und bringt dementsprechend weniger Ertrag. Die Varroa, eine parasitäre Milbe, lebt koexistent mit den asiatischen Bienen. Sie sind evolutionär aufeinander angepasst. Als die Milbe auf die europäischen Völker übersprang wurden diese stark geschwächt (Die Milbe überträgt eine Vielzahl an Krankheiten). Das Projekt wurde abgebrochen. Die Völker fatalerweise zurück nach Europa gebracht. Die Milbe verbreitete sich binnen weniger Jahre weltweit. 100.000 Völker starben. 

Seitdem werden die Bienenvölker mehrmals jährlich chemisch, bio-chemisch oder biotechnisch gegen die Varroa behandelt. Auch spezielle Zuchtlinien mit varroatoleranter Hygiene werden als mögliche Form der Koexistenz untersucht.

Bild von David Mark auf PIXABAY
Bild von David Mark auf PIXABAY

Ende wildlebender Honigbienen

Bild von Gerhard G. auf PIXABAY
Bild von Gerhard G. auf PIXABAY

Neben der Varroa, sind Pestizide und eine Umstrukturierung der Landschaft ausschlaggebend für das "Aussterben" wildlebender Honigbienen. Immer weniger Blühpflanzen prägen unser Landschaftsbild. Zudem werden viele Neophyten angebaut, die aber ungeeignet sind. Z.B. Rapshonig neigt zum Kristallisieren. Überwintern wildlebende Honigbienen auf einem solchen Honig, müssen sie diesen erst wieder mit viel Wasser verflüssigen.  Auch die Angaben der Imkereien zeigen: Um 1900 wäre mit unseren heutigen Methoden eine Erntemenge von 100-150kg Honig pro Volk möglich gewesen, ohne dass der Imker nur ein einziges Mal hätte wandern gemusst. Heutzutage sind um die 50kg möglich. Ausreichend große Hohlräume sind nicht vorhanden, ein schwärmendes Volk findet keinen Unterschlupf und wenn, dann nicht in Nähe von ausreichendem Pflanzenangebot.

 

Die Zahl der Bienenvölker nimmt nach neusten Erkenntnissen weiter ab, während die Zahl der Imker steigt. Grund dafür sind vor allem geringe Preise aufgrund von raffiniertem Zucker, Billigimporten und Preisdumping.

 

Die ursprünglich heimische Dunkle Biene (Apis Melliferra Melliferra) kommt nur noch in Skandinavien vor. Die Carnica Biene (Apis Melliferra Carnica) ist in Deutschland nun flächendeckend vertreten, da sie durch Sanftmut und Ertrag überzeugt.

Kommentar zur Wiederansiedlung

Grundsätzlich begrüße ich, als Imker und Liebhaber von Bienen, die Wiederansiedelung von wildlebenden Honigbienen. Auch wenn die derzeitigen Bienenrassen dadurch wilder werden würden, sprich stechfreudiger und schwarmtriebiger. 

Grundsätzlich sehe ich dafür in unserer derzeitigen Landschaft aber wenig Potential. Gebraucht werden alte Baumbestände mit Hohlräumen, flächendeckende Blühpflanzen (Nicht nur im landwirtschaftlichen Raum) und vielleicht auch eine Renaissance des Zeidlers. Nicht als Honigjäger und Bärenschutz, sondern als Schutz vor all den Krankheiten und Schädlingen, die wir Menschen in den vergangenen Jahrzehnten eingeschleppt haben. Nur gesunde Bienen können in einer gesunden Landschaft dauerhaft beheimatet.

Zu den Quellen dieser Ausführung

In den vergangenen Jahren habe ich eine unzählbare Menge an Informationen über die Bienen gesammelt. Leider habe ich nicht notiert welche Angaben ich in welchem Vortrag, Buch, Film oder Sonstiges erhalten habe. Ich bitte um Nachsicht. Doch alle Informationen lassen sich vermutlich mit guten Quellen relativ einfach überprüfen. Eine kleine, unvollkommene Auswahl lässt sich im letzten Kapitel dieser Darstellung finden.